Geschichte der Neugnadenfelder nach 1945

Bruder Steinberg ein Bischoff der Brüdergemeine hat  mit dem späteren Ministerpräsident von Niedersachsen Hinrich Wilhelm Kopf Gespräche geführt, um die verstreuten Mitglieder der Herrnhuter Brüdergemeine  an einem Ort zu sammeln. Ihm wurde als einzige Möglichkeit das Lager Alexisdorf im südlichen Emsland in der Grafschaft Bentheim angeboten.
Man kann sich vorstellen, wie das Lager, nach dem Verlassen der russischen Kriegsgefangenen ausgesehen hat. Die Baracken waren in einem schlechten Zustand. Auch die öde, leere und karge Landschaft um das Lager  war nicht gerade einladend.
Doch nach einer Besichtigung entschloss man sich trotzdem, es hier mit Gottes Hilfe zu versuchen.

Es bot sich ein Dach über dem Kopf,  ein eigenes Wasserwerk  und  eine gesicherte Stromversorgung.  Durch Mund zu Mund Propaganda sprach es sich schnell herum, dass ein neuer Ort zum siedeln gefunden wurde.

Durch Flucht und Vertreibung traumatisiert, unterernährt und teilweise krank kamen die  Menschen hier im Lager an. Ausgehungert und als Einziges nur das was sie am Leib trugen und ein wenig Handgepäck.
Geplagt von der Sorge - wie geht es weiter?

Eine besondere Note bekam die Angelegenheit, dass die Flüchtlinge gerade der Gewalt von Russen und Polen entronnen waren und nun in Baracken lebten, in denen Russen gelitten haben.

Nach und nach waren bis zu 1000 Menschen hier im Lager.  Für eine Familie stand lediglich ein Zimmer zur Verfügung, in dem sich alles abspielte Kochen, Waschen, Schlafen einfach alles. Die Toiletten waren außerhalb der Baracken. 
Im Dorfgemeinschaftshaus in den Räumen von LAN haben wir so ein Zimmer nachgebaut, das im Vergleich zur Anfangszeit schon komfortabel ausgestattet ist.
Viele, die sich eine Zukunft hier nicht vorstellen konnten wanderten nach Amerika oder Canada aus.
Andere zogen nach Nordhorn oder in die nähere Umgebung wo sie Arbeit fanden.
Trotz der schlimmen Erlebnisse - heute bekäme man psychologische Hilfe- fanden die Menschen in der Gemeinschaft und im Glauben Halt und neuen Lebensmut.
Aber ihre Erlebnisse konnten nicht aufgearbeitet - sondern nur verdrängt werden.
Der Wille zum überleben bestimmte den Alltag.  Ähnlich wie die ersten Siedler in Alexisdorf, oder die Kriegsgefangenen war für die Flüchtlinge harte Arbeit im Moor die einzige Möglichkeit ihre Existenz zu sichern.
Aber das reichte nicht aus. Spenden von Flüchtlingsorganisationen z.B. aus Schweden, der Schweiz oder auch aus Amerika halfen in der ersten Not.
 Arbeit bei den Bauern der Umgebung, die selbst nicht viel hatten, sicherte die Versorgung mit  Lebensmitteln. Dabei mussten Fahrten mit dem Fahrrad oder zu Fuß auf schlechten nassen Feldwegen bis z.B. nach Wilsum auch in den strengen Wintern zurück gelegt werden.

Unsicherheiten ob man bleiben kann kamen durch die Gebietsansprüche der Niederländer. Das stand im krassen Gegensatz zu der Spende einer niederländischen Flüchtlingsorganisation, die einen kompletten Kindergarten samt Einrichtung und dem Gehalt für eine Kindergärtnerin für 1 Jahr übergaben.
Durch den europäischen Gedanken und die Vormachtstellung der Engländer wurde das Begehren nach Grenzverschiebung abgelehnt.
Mit dem Emslandplan gab es Hoffnung auf eine bessere gesicherte Zukunft. In den entwässerten Gebieten begann die Firma Ottomeyer  das Moor bis ca. 1,80m tief zu pflügen. Aber der karge Sandboden musste erst durch Gründünger wie Seradella und Lupine mit etwas Humus versehen werden um überhaupt Landwirtschaft betreiben zu können.
Windschutzstreifen mussten angepflanzt werden damit die neue Erde nicht vom Wind verweht wird. Sie prägen die heute so schöne, grüne Landschaft.
Zuerst wurden die s. g. Großsiedlungen gebaut die die Versorgung der Lagerbewohner mit Lebensmitteln sichern sollten. Dann s. g. Kleinsiedlungen, die im Nebenerwerb, dass heißt neben der normalen Arbeit, eine Kuh, Schweine und Geflügel zur Selbstversorgung gehalten wurden.
Neugnadenfeld wurde von außen nach innen gebaut. Erst als die Bewohner des Lagers die ersten, neuen Häuser im Außenbereich bezogen hatten und einige Baracken leer waren, konnten diese zum Abbruch verkauft  werden. Erst dann konnte der eigentliche Ortskern bebaut werden.
Die Kirche und das Dorfgemeinschaftshaus sind die letzten Gebäude in dem Bauabschnitt und stehen in der Mitte des ehemaligen Barakenlagers.
Die einzigen erhaltenen Bauten sind die ehemalige Wache später Post und eine Steinbaracke die später von der Feuerwehr und heute privat genutzt wird.

Mit dem Geschichtspfad bekommen alle, die sich dafür interessieren eine Möglichkeit sich über die einmalige und spannende Geschichte Neugnadenfelds zu informieren.
Wir können feststellen, dass Aufrechnung von Schuld oder Gewalt nicht möglich ist. Dass Versöhnung nur durch Vergebung passieren kann, das beweist unser jetziges Verhältnis zu den damaligen Feinden.
C. Pasternak

Brüdergemeine im Wiederaufbau


Harald Gormsen 1947

Neugnadenfeld um 1950


Aus: Harald Gormsen,
Neugnadenfeld baut auf
(Sonntagsspiegel Jan 1950)

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